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2010 noch im Geilomobil der jungen ÖVP, kurz darauf Integrationsstaatsekretär, Außenminister, ÖVP-Chef und schließlich 2017 Bundeskanzler der Republik Österreich. Atemberaubend, wie schnell er so groß werden konnte, dieser Sebastian Kurz mit den Seinen, die sich als seine Prätorianer bezeichnen sollten.
Er war gefeierter Superstar, die Medien aus aller Welt schienen ihm zu Füßen zu liegen. Allen voran die mächtige Bild Zeitung, mit Liebeskolumnen, die im März 2020 titelte: „So einen brauchen wir auch.“
Wie kam es zu seinem fulminanten Aufstieg? Das Phänomen eines superbegabten Charismatikers? Ein Mann der „riesigen Weisheit und viel Schutz von oben“, wie ihm in der Wiener Stadthalle voll hingebungsvoll betender Jünger konstatiert wurde? Ein Inszenierungsgenie? Der eloquente Politiker mit dem Zug zu historischen Wahlergebnissen als Vermächtnis?
Kurt Langbein rollt in seiner Dokumentation „Projekt Ballhausplatz“ über Erzählungen von Wegbegleitern und eine Collage aus Video- und Filmarchiven akribisch auf, was die Methoden des Sebastian Kurz und seiner Vertrauten bewirkten. Und zu einer Politik zum reinen Selbstzweck führten, um Macht zu erweitern und zu zementieren.
Aber Kurt Langbein führt uns auch an die weniger offizielle Seite des Sebastian Kurz heran mit Analysen über dessen Gesinnung, politischen Visionen. Und untersucht die Frage, ob Sebastian Kurz auch sogenannte linke Themen hätte verfolgen können, wenn denn damit schneller Macht zu generieren gewesen wäre.
Wie alte Bekannte sieht man sie wieder, die vielen kleinen Inszenierungen, die genialen Bluffs und ideenreichen Wortschöpfungen, die im Loop kommuniziert wurden. Und dann kam Ibiza. Die Ermittlungen rund um das Skandalvideo der FPÖ-Politiker brachte die Zeit der ausgewerteten Daten, der Schredderorgien, die Ära der mangelnden Erinnerlichkeiten.
Und noch einmal erlebt die Öffentlichkeit im Rückblick das konzertierte Spiel mit den Medien durch Inseratenzuckerl oder positiver Berichterstattung für politische Gefallen. Der Tanz mit den Reichen und Superreichen, Gefallen an Konzernbosse. Kirchenfürsten, die zuerst rot, dann blass und schließlich zittrig gemacht werden mussten.
„Projekt Ballhausplatz“ zeigt einen Mann, der es verstand, durch exzessive Message Control nach innen und nach außen das Fundament für einen regelrechten Umbau des Staats zu legen. Gefährlich rüttelnd an Werten der Demokratie, der Menschenrechte, der unabhängigen Justiz und der Pressefreiheit.
Zu Wort kommen unter anderem der ehemalige Generalsekretär der ÖVP Ferry Maier, Johann Gudenus (Ex-FPÖ und unglücklicher Ibiza-Insulaner), Barbara Toth (Falter), Franz Fischler (ÖVP), Matthias Strolz (ehem. NEOS Chef), der Migrationsforscher Gerald Knaus, Fabio Wolkenstein (Politologe), Helmut Brandstätter (ehemaliger Kurier Chefredakteur), Julian Hessenthaler (Detektiv und Videoproduzent), Bettina Kohlrausch (Autoritarismus-Forscherin), Stephanie Krisper (Neos), Martin Kreutner (Korruptionsexperte) und andere.
Und ja, viele wollten nicht zu Wort kommen, auch das ist zu erfahren.